In Kooperation mit dem Dachverband der Kritischen Aktionäre und Aktionärinnen konnten wir am 12. Februar 2025 über Whistleblowing und das Vorgehen von großen börsennotierten Unternehmen informieren.

Die Hybrid-Veranstaltung weckte das Interesse von verschiedenen NGO-Vertretern und das Programm aus drei Vorträgen und anschließender Diskussionsrunde füllte die vorgesehene Zeit gut.
Zu Beginn gab Dr. Christine Heybl, Referentin für Klima und Umwelt des Whistleblower-Netzwerk e.V., einen Überblick über das Thema ‚Whistleblowing‘. Wer kann eigentlich Whistleblower*in sein, wie sieht der Rechtsrahmen aus, welche Hürden hat ein/e Whistleblower*in zu befürchten und was sind die großen Benefits, wenn Menschen sich trauen, einen Missstand aufzudecken?
Schockierend war für die Zuhörer*innen, dass Hinweisgebende nach wie vor Repressalien im Arbeitsumfeld zu ertragen haben, die oft in einer Entlassung münden. Zudem sind Personen, die systemische Ungerechtigkeiten nicht geschützt, wenn sie sich z.B. an NGOs oder die Medien wenden. Diese Punkte zeigen, dass wir ein kohärenteres Hinweisgeberschutzgesetz brauchen.
Neu ausgerichtet ist das Whistleblower-Netzwerk e.V. mit seinem Klima- und Umweltprojekt zur Aufdeckung von Umweltkriminalität und Greenwashing, das seit Februar 2024 läuft. Hier ist das Ziel, Personen, die in ihrem Arbeitsumfeld Vergehen an Klima und/oder Umwelt bemerken, zu ermutigen, diese zu melden. Interessante Fallbeispiele wie die Aufdeckung Desiree Fixler’s bei der DWS, wo es um das Greenwashing von Fonds ging oder das Lobbying von Erdöl- und Erdgasfirmen für eine ausgeweitete Plastikverwendung, konnten den Bedarf in diesem Bereich veranschaulichen.
Als nächstes gab Tatum Kennedy von der österreichischen NGO AllRise einen Einblick in die Arbeit ihrer Organisation. AllRise möchte durch den Fokus auf Rechtsverstöße die Umwelt und das Klima schützen. So hat AllRise z.B den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro verklagt, weil er mit seinen Abholzungen des Regenwaldes die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung und der globalen Gemeinschaft durch eine Verschärfung des Klimawandels einschränkt und gefährdet.
Ein neuer Fokus liegt zurzeit auf der Aufdeckung von illegaler Abholzung in Brasilien für die Produktion von Soja als Futtermittel in der deutschen Fleischindustrie. Das Verbundprojekt aktie.earth mit der Deutschen Umwelthilfe und dem Whistleblower-Netzwerk e.V. ist im Oktober letzten Jahres gestartet und zielt darauf ab, Vergehen beim Soja-Anbau und entlang der Soja-Lieferkette aufzudecken. Das Projekt verfügt bereits über eine ansprechende informative Webseite und ein Hinweisgeberportal für potenzielle Whistleblower. Ein Mehrwert kann mit großer Wahrscheinlichkeit durch die Kooperation mit brasilianischen NGOs geschaffen werden.

Die Kollegin Tatum Kennedy wurde aus London dazugeschaltet. Dank des hybriden Formats stellte dies kein Problem dar.

Im dritten Vortrag konnte Markus Dufner, der Geschäftsführer der Kritischen Aktionäre und Aktionärinnen, anschaulich und lebendig von der Arbeit des Dachverbands berichten. Der Dachverband der Kritischen Aktionäre und Aktionärinnen organisiert sich ein Rederecht in den Hauptversammlungen großer börsennotierter Unternehmen, um herauszufinden, inwiefern diese planen, ihre ESG-Kriterien glaubwürdig umzusetzen.

Dufner zeigte auf, wie viele Meldungen bei großen Unternehmen wie z.B. der Münchner Rück, TUI und Siemens eingehen und wie Aktiengesellschaften mit Hinweisen umgehen. Interessanterweise werden Hinweisgebersysteme bzw. Integrity Lines gar nicht bedient, was bei Testanrufen herausgefunden werden konnte.
Spannend ist, dass die Zahl an Meldungen insgesamt in Deutschland im internationalen Vergleich niedrig ist. Dies ist jedoch kein Indiz dafür, dass es signifikant weniger Missstände gibt, sondern dass potenzielle Whistleblower eher die Konsequenzen fürchten, die sich durch eine Meldung ergeben könnten. Dies ist schade, da interne Hinweise auch als konstruktives und hilfreiches Qualitätsmanagement von großen Firmen gewertet werden könnten: „Unternehmen sollten erkennen, dass Whistleblower keine Nestbeschmutzer sind, sondern dass Hinweise das Unternehmen besser machen“, so Dufner.
Im Anschluss diskutierten die online-zugeschalteten und die in Präsenz teilgenommenen Teilnehmenden mit den Referent*innen zu den komplexen Themen. Viel Interesse bestand darin, wie Whistleblowing für wichtige Themen wie einen kohärenten Klima- und Umweltschutz die negative Reputation verlieren könnte. Dies spricht dafür, die positiven Effekte von Whistleblower-Meldungen zu kommunizieren, auch bei großen börsennotierten Unternehmen.
Vor Ort konnte der gelungene Abend mit einem kleinen Umtrunk beendet werden.